Windräder mit Regenbogen Credit, Paweł Fijałkowski, Pexels

Energiewende: Kosten, Kosten, Kosten?

Im Triell der Kanzlerkandidaten interessierte die Journalisten vor allem eines: die vermeintlich horrenden Kosten der Energiewende für die Bürger. Dadurch fiel der eigentliche Konflikt in der Energiedebatte unter den Tisch. 

„Die Menschen draußen im Land fragen sich: Wer zahlt die Zeche?“ leitete Moderator Peter Kloeppel beim Triell der Kanzlerkandidaten seine Frage zum Klimaschutz ein. Und während Annalena Baerbock, Armin Laschet und Olaf Scholz ihre energiepolitischen Konzepte erklärten, hakten die Moderatoren immer wieder nach und fragten fünf Mal, worauf die Bürger verzichten müssten und woher das Geld kommen solle. 

Allein mit dieser Fragestellung vermittelten sie die Botschaft: Die Energiewende ist teuer. Sehr teuer. So teuer, dass zwei Kandidaten der Frage auswichen und eine Kandidatin ein Umverteilungsmodell präsentierte. 

Gewinner und Verlierer der Energiewende

Grundsätzlich ist es natürlich richtig, dass es bei einer Umstellung auf erneuerbare Energien Gewinner und Verlierer geben wird. Denn bislang generierten vor allem Energiekonzerne, die in jeweils abgegrenzten Bereichen eine monopolistische Stellung innehaben, kräftige Gewinne. Sobald nun eine Vielzahl von Akteuren dezentrale Anlagen installiert, verlieren die Konzerne Marktanteile und Profite. Aus ihrer betriebswirtschaftlichen Perspektive ist das ein Verlust, den sie zu verhindern suchen. (mehr dazu hier)

Das heißt aber nicht, dass alle gesellschaftlichen Gruppierungen Einbußen wegstecken müssen. Im Gegenteil sind auf volkswirtschaftlicher Ebene viele Vorteile möglich.

Eine soziale Energiewende

Wie die Gewinne aussehen können, wurde bei der Einführung des EEG vor über zwanzig Jahren deutlich. Damals passierten politische Veränderungen auf vielen Ebenen, auch in sozialer und verteilungspolitischer Hinsicht. Denn wenn sich die Investition in erneuerbare Energien-Anlagen sicher amortisieren wird, können sich auch weniger finanzstarke Bürger am Umbau beteiligen. Sie werden zu Eigentümern von Anlagen, das bewirkt eine Kapitalstreuung. Mit der eigenen Technik werden die Energiekosten perspektivisch auf Null sinken. Der Journalist Franz Alt formulierte es so: Die sozialen Vorteile der solaren Energiewende werden immer deutlicher: Solarstrom ist heute schon Sozialstrom. 

Eine solche Ausgestaltung der Energiewende verspricht für die Bürger also ganz konkrete finanzielle Gewinne. Das ist keine modellhafte Annahme, sondern eine in Teilen gelebte Wirklichkeit, wie insbesondere die ersten Jahre aus der Wirkungszeit des Erneuerbare-Energien-Gesetzes gezeigt haben.

Interessenkonflikte

Die Energiekonzerne werden bei einem solchen Systemwechsel verlieren – Marktanteile und Profite. Das sind aber kaum „die Bürger draußen im Land“, als deren Fürsprecher sich die Journalisten Kloeppel und Atalay präsentierten. Einmal mehr zeigt sich, dass die Energiewende kein Win-Win-Konzept für die gesamte Gesellschaft  ist, sondern dass die Interessenkonflikte entscheidend sind.

Energiepolitik im Sinne der Konzerne

Wenn man die Energiepolitik allerdings so gestaltet, wie das die große Koalition seit nunmehr zwölf Jahren praktiziert, dann wird es in der Tat für die Bürger teuer. Die funktionierenden Mechanismen der Bürgerenergie, die für ein schnelles Wachstum gesorgt haben, schafften die Regierungen unter Angela Merkel im Laufe der verschiedenen Novellen ab (mehr dazu hier). Stattdessen befreiten sie diverse, insbesondere energieintensive Unternehmen von der EEG-Umlage, die zu immer größeren Anteilen von der breiten Bevölkerung getragen wurde. Diese finanzierte gleichzeitig über ihre Steuern die massiven Subventionen für die fossile und atomare Energie.

Diskursverschiebung

Solche systemischen Fragen stellten Kloeppel und Atalay nicht. Dabei wäre es interessant gewesen, wie sich die Kanzlerkandidaten zur Bürgerenergie positionieren oder wen sie als treibende Akteure der Energiewende sehen. Stattdessen vermittelten die Journalisten immer wieder den Subtext: Die Energiewende ist unbezahlbar. 

Als Gegenargument brachte die Grünen-Kandidatin Baerbock, dass die Auswirkungen der Klimakrise selber noch viel teurer seien. Grundsätzlich ist das natürlich richtig, geht aber an der Frage vorbei. Denn indirekt bestätigte sie dadurch, dass die Energiewende teuer werde. Doch dieses „Kosten, Kosten“-Framing verdeckt nicht nur die immensen Interessenkonflikte in der Energiepolitik, sondern verschenkt auch das große soziale Potential einer dezentralen Energiewende.